Gerald Ganglbauer

Intro zur OZLIT COLLECTION

Gangan ist der erste Verlag aus dem deutschen Sprachraum, der sich in Australien niedergelassen hat. Das hat für mich als Verleger den Vorteil, dass ich in einem Land lebe, dessen Menschen, Landschaften und – in mancherlei Hinsicht – Klima ich sehr schätze; für Sie, liebe Leser, dass wir Ihnen Literatur aus erster Hand AIR MAIL FROM DOWN UNDER schicken können.

Warum gerade Australien, werden Sie sich fragen. Nun, meine Reisen in den letzten 15 Jahren haben mich um die halbe Welt geführt; der Verwechslungen (Ah, Austria, there’s kangaroos!) war ich überdrüssig – und auf den fünften Kontinent ohnedies neugierig. Die Entwicklung des Verlages in Österreich hat mich einige Jahre festgenagelt; vor knapp zwei Jahren bin ich endlich doch hingeflogen, habe mich verliebt – und bin gleich Down Under geblieben.

Australien hat seinen 200sten Geburtstag 1988 bereits mit einigem internationalen Medien-Echo hinter sich gebracht; dennoch hat es bislang hierzulande kaum eine wirklich starke und längst verdiente literarische Präsenz erlangt, wie beispielsweise die USA sie zumindest seit den Beatniks hat. Ich denke daher, dass es nun höchst an der Zeit ist, sich die Arbeiten der neuen Welt genauer anzusehen.

Die australische Filmindustrie (kommerziell erfolgreich mit Crocodile Dundee I+II, in höchstem Maße künstlerisch mit Bliss und The Dead Poets Society, unverwechselbar humorig in den Madmax-Filmen oder Young Einstein); sowie die populäre Musikszene (von so international reputierten Bands wie Midnight Oil oder den Hunters and Collectors, über Men at Work und Icehouse, bis hin zu den schrägen Klängen von Nick Cave & The Bad Seeds oder Beasts of Bourbon, um nur einige zu nennen) konnte sich overseas bereits etablieren.

Warum das in der Literatur noch kaum nachvollzogen ist, hat vielerlei Gründe. Da sind einmal die Verknüpfungen der Verlagsindustrie mit Großbritannien noch sehr stark, andererseits gibt es eigenartige, regional abgeschlossene Copyrights (ein in Australien verlegtes Buch darf nicht automatisch auch in den USA oder GB verkauft werden). Es werden zwar schon Lizenzen aus dem Bereich Fiction für den deutschen Sprachraum gekauft, aber das sind dann meist Romane im Stil der Dornenvögel, also – wie man das hierzulande nennt – Belletristik, die natürlich keinen Eindruck auf die Literaturfeuilletons macht, aber – und allein das scheint für viele zu zählen – bestens verkauft werden kann.

Meist wird dann noch an den Universitäten, wo ein Institut für Amerikanistik bereits selbstverständlich ist, Australien im großen gemeinsamen Topf des Commonwealth gehandelt, wie mir Professor Horst Prießnitz von der Bergische Universität – Gesamthochschule Wuppertal klagt, jener Uni, die im deutschsprachigen Europa im Australien-Engagement federführend ist.

Und überhaupt ist es auch geographisch so weit entfernt …

gangan ist zwar nur ein ganz kleiner Verlag, und wir werden daran von heute auf morgen nichts ändern können (obwohl im nächsten Jahr auch noch Volker Wolf im Fischer Taschenbuch Verlag einen Band ‚Australien erzählt‘ herausgegeben wird, der allerdings nicht nur Gegenwartsliteratur, sondern die letzten 100 Jahre versammelt), doch mit unserer OZlit Collection, in der weitere Ausgaben bereits geplant sind, werden wir zumindest einen Beitrag dazu leisten, dass das in der Öffentlichkeit vom früheren Einwanderungs- zum Tourismusland wechselnde Australien auch als moderne Kulturnation begriffen wird.

Mein aufrichtiger Dank für das Zustandekommen dieses Buches gilt Monica Sander und Andrew McLennan, die mir in der ersten Phase sehr geholfen haben, meinen kompetenten Herausgebern und Freunden Rudi Krausmann und Michael Wilding, den Autoren und Übersetzern, sowie den Kollegen von den Verlagen für die freundlichen Genehmigungen, diese Arbeiten nun hier veröffentlichen zu dürfen.

Gerald Ganglbauer
Wien, im Oktober 1990

aus: Airmail from Down Under, Gangaroo 1990

Anmerkung zum Untertitel THE OZLIT COLLECTION:
Einige Leser werden sicherlich wissen, dass Australien das Englische recht eigenwillig modifiziert hat; vor allem wird vieles verkürzt und z.T. phonetisch geschrieben, so bedeutet OZLIT nichts anderes als AUSTRALISCHE LITERATUR. Die fünf Sterne am Cover und auf den Headlines symbolisieren das Southern Cross, das Kreuz des Südens, signifikante Orientierungshilfe am Nachthimmel der südlichen Hemisphäre und Bestandteil der Australischen Flagge.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: