Fiston Mwanza Mujila

GANGAN Lit-Mag #50

Einsamkeit 57

die Poesie der Verzweiflung oder
das Gezeter eines leeren Körpers

… ich suche die Überreste meines Körpers, ausgebreitet auf dem Gestade der Verzweiflung, das linke Bein existiert nur auf dem Papier, Bauch und Unterleib wie ausgestanzt, die Hände stinkend nach Ware und mein Gebell geht nicht einmal bis zu den Knöcheln dieses stromlosen Himmels, das heißt, ich betrüge das Leben, das mich auf Kieferhöhe in der Zange hält, das heißt, ich diene als Deko für mein Mistkübel-Schicksal, Amphibien-Schicksal, Kipelekese-Schicksal, Tchanga-Medesu-Schicksal …

… vielleicht muß ich (in der Hoffnung auf irgendeine Rettung) bähen und bähen in d-Moll wie die letzte Ziege meiner Großmutter: beum, beum, beum …

… und bedenkt man, daß es keine Euthanasie für Widerspenstige und Trunkenbolde meines Schlages geben wird! und bedenkt man, daß es keine zweite Sintflut geben wird, die mich in meinem Gesabber fortreißt, mit anderen Worten, Ya Noah kommt nicht zweimal und man läßt nicht mehr sieben Paare seiner Tiere auf die Arche, Männchen und Weibchen, anders gesagt, die Wasser des Flusses zaïre, ebale ezanga mokuwa, lecken nicht mehr an unser Verlangen nach Luxus und anderen Ausschweifungen in den bestirnten Nächten der Rotlichtviertel von Kinshasa und Amsterdam …

… und in der Zwischenzeit, ohne Götter und Haustier, das Salz des Lebens entbehrend, treibt sich mein Tausendfüßer-Körper auf den Gestaden der Verzweiflung herum, auf der Rückseite ein Dutzend meiner eigenen Zähne gewaltsam ausgerissen von Lemuren und anderen Aasgeiern dieses Himmels ohne Heizöl …

… bleibt mir nur zu meckern wie Tshela, die letzte Ziege meiner Großmutter julienne mua Mwanza, wie Tshela in Mezzosopran: beum, beum, beum …

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