GANGAN Lit-Mag #50
Das Universum
Was wissen wir eigentlich über das Universum?
Warum gibt es das Universum überhaupt?
Könnten wir nicht auch ohne das Universum leben?
Oder brauchen wir das Universum unbedingt?
Wohin dehnt sich das Universum aus?
Und was befindet sich hinter dem Universum?
Hat das Universum einen Anfang?
Und wann hört das Universum endlich auf?
Was kommt nach dem Ende des Universums?
Wird es ein neues Universum geben?
Und wie sieht dieses neue Universum aus?
Wird das neue Universum so sein wie das alte?
Und was ist dann mit uns?
Werden wir wieder hier in diesem Raum sitzen
(und uns mit dem Universum beschäftigen)?
Ja?
Nein?
Vielleicht?
Zutreffendes bitte ankreuzen!
Wird alles so sein, wie es jetzt bereits ist?
Oder wird es uns doch nicht mehr geben?
Aber warum rede ich jetzt über uns?
Um uns geht es hier schließlich nicht.
Es geht um das Universum.
Also lasst uns weiter über das Universum reden.
Was wissen wir über das Universum?
Und was weiß das Universum von uns?
Kennt das Universum alle unsere Passwörter?
Kann das Universum uns dabei zusehen, was wir auf der Toilette so tun?
Und weiß das Universum, dass wir unsere Partner*innen betrügen?
Oder interessiert sich das Universum überhaupt nicht für uns?
Sind wir dem Universum am Ende völlig egal?
Wofür interessiert sich das Universum überhaupt?
Hat das Universum irgendwelche Hobbys?
Geht das Universum arbeiten?
Oder sitzt das Universum nur zu Hause herum und macht gar nichts?
Aber wie könnte das Universum sich ausdehnen, wenn es nur zu Hause herumsitzt und gar nichts macht?
Also macht das Universum ja doch etwas.
Denn das Universum dehnt sich bekanntlich aus.
Aber warum dehnt sich das Universum aus?
Hat das Universum nichts Besseres zu tun?
Langweilt sich das Universum etwa?
Oder wird das Universum einfach nur alt?
Werden wir nicht auch immer dicker, je älter wir werden?
Wie dick kann man eigentlich werden?
Kann man so dick werden, bis man irgendwann platzt?
Wann platzt das Universum?
Oder ist das Universum bereits geplatzt, und wir haben es nur noch nicht gemerkt?
Und merken wir eigentlich überhaupt noch irgendetwas?
Wissen wir überhaupt, wer wir sind?
Vielleicht gibt es uns ja gar nicht.
Vielleicht sind wir aber auch in Wirklichkeit das Universum.
Bestehen wir nicht aus Sternenstaub?
Und befinden sich in unserem Gehirn nicht mehr Nervenzellen als Sterne im Universum?
Wer also sind wir?
Oder müsste man fragen, was wir sind?
Was also sind wir?
Aber warum rede ich jetzt schon wieder über uns?
Um uns geht es hier schließlich nicht.
Es geht nach wie vor um das Universum.
Also lasst und weiter über das Universum reden.
Aber was gibt es über das Universum noch zu sagen?
Haben wir nicht schon alles über das Universum gesagt?
Sollten wir nicht langsam das Universum in Ruhe lassen?
Bestimmt hat das Universum längst genug von uns.
Also kümmern wir uns besser um unseren eigenen Kram.
Zu tun gibt es schließlich genug.
bring dich um
wenn du nicht länger warten kannst
oder nicht länger warten willst,
bring dich um – ja, bring dich um
der Tod erlöst von allen Schmerzen
und man hat endlich seine Ruhe
und wenn du dich nicht mehr entscheiden magst
zwischen Ich und Ich,
dann bring dich um
bring dich um,
bevor dich andere umbringen
bring dich um,
bevor du andere umbringst
wenn du nicht mehr arbeiten willst,
bring dich um – ja, bring dich um
und wenn du immer noch arbeiten willst,
dann bring dich auch um
bring dich um,
wenn sich sonst niemand umbringt
denn irgendjemand muss es ja schließlich tun,
wenn sich – wie gesagt – sonst niemand umbringt
bring dich um,
auch wenn du dich gar nicht umbringen willst
bring dich um
zeig, dass du es drauf hast
hier und heute
jetzt, sofort
Nichts, nihil, nothing
wie die Zeit vergeht
bald ist schon wieder Weihnachten
bald ist schon wieder das Jahr vorbei
und nichts ist geschehen
nichts hat sich ereignet
nichts hat stattgefunden
nichts ist passiert
alles ist wie immer
alles ist unverändert geblieben
alles ist nach wie vor dasselbe
oder müsste man sagen: das gleiche?
alles ist nach wie vor das gleiche
und nicht dasselbe?
aber egal
sei es, wie es sei
darauf kommt es letztlich nicht an
darum geht es schließlich nicht
denn es ist nun mal, wie es ist
nichts hat sich verändert
nichts ist anders geworden
nichts ist vorgefallen
die Revolution ist ausgeblieben
man ist lediglich älter geworden
doch man geht immer noch arbeiten
man geht immer noch einkaufen
man sitzt immer noch zu Hause,
trinkt sein Bier und schaut fern
man sieht, wie die Zeit vergeht
und man sagt sich:
wie doch die Zeit vergeht
gestern ging man noch zur Schule
gestern war man noch jung und schön
und morgen soll alles schon vorbei sein
morgen ist man schon tot
und alles, was man sich erarbeitet hat,
ist auf einmal nichts mehr wert
sicher, es gibt die sogenannten Angehörigen
doch wenn ich erst tot bin,
sind mir die Angehörigen egal
denn wenn ich tot bin,
dann sind die Angehörigen für mich auch tot
so einfach ist das
so läuft das Ganze nun mal ab
so sieht das Ganze nun mal aus
einen Gott gibt es nicht
einen Gott hat es nie gegeben
und einen Gott wird es nie geben
es soll auch keiner sagen,
dass Gott tot ist
denn was es nicht gibt,
kann auch nicht tot sein
aber egal
sei es drum
das ist letztlich alles einerlei
das spielt letztlich alles keine Rolle
denn es ist nun mal, wie es ist
nichts ist geschehen
nichts hat sich ereignet
nichts hat stattgefunden
nichts ist passiert
einfach nichts
absolut nichts
nichts und noch mal nichts
nichts, nihil, nothing,
nada, niente, ничего
es ist einfach nichts
das heißt: es gibt einfach nichts,
worüber sich reden lässt
und dennoch wird geredet –
über das Wetter zum Beispiel,
obwohl man eigentlich das Klima meint
es wird geredet,
obwohl man nichts zu sagen hat
man hat nichts zu sagen,
weil man kein Geld hat,
um sich Macht zu kaufen
deshalb sitzt man zu Hause
man sitzt zu Hause und wartet
man wartet und beschäftigt sich mit sich selbst
man registriert, dass man älter wird
und man registriert, wie man älter wird
man registriert, wie die Krankheiten auf einen zukommen
man registriert, wie das Sterben und der Tod auf einen zukommen
und man hört auf, sich mit sich selbst zu beschäftigen
man fängt an, sich mit etwas anderem zu beschäftigen
man fängt an, sich mit nichts zu beschäftigen
und man beschäftigt sich mit nichts,
sofern man selber etwas und nicht nichts ist
man wartet
man wartet darauf,
dass das Geld, das man nicht hat,
für einen arbeitet
man wartet darauf,
dass das Geld, das man nicht hat,
sich für einen vermehrt
aber egal
lassen wir das Ganze
reden wir nicht weiter darüber
es ist schließlich nichts
alles ist in Ordnung
alles ist so weit gut
es geht einem bestens
es geht einem wirklich ausgezeichnet
sicher gibt es auch Kriege
und sicher gibt es auch Tote und Verletzte
aber das sind Ausnahmen
das sind Einzelfälle
und damit hat man hierzulande auch nichts zu tun
das geht einen hierzulande nichts an
das findet alles weit draußen auf irgendwelchen weit entfernten Kontinenten statt
oft weiß man noch nicht einmal deren Namen
sollen die sich dort unten doch alle die Schädel einschlagen
das kann einem hierzulande letztlich egal sein
es macht ja doch jeder, was er will
sollen die dort unten doch erst mal ihre eigenen Probleme lösen
danach kann man immer noch weitersehen
man kann sich ja schließlich nicht um alles und jeden in der Welt kümmern
und letztlich sind die Menschen ja auch selber schuld
wieso halten die sich nicht an die Regeln?
man fragt sich ja nur noch:
wie blöde kann man eigentlich sein?
hierzulande muss schließlich auch gearbeitet werden
hierzulande zahlt man schließlich auch seine Steuern
und sterben muss man irgendwann so oder so
ob das nun heute oder morgen geschieht,
ist dann letztlich auch egal
doch wieso regt man sich überhaupt noch auf?
man kann ja ohnehin nichts daran ändern
an die vielen Toten hat man sich inzwischen längst gewöhnt
denn letztlich gewöhnt man sich an alles
und solange es einem selbst gut geht,
ist doch eigentlich alles in Ordnung
zumal dann, wenn die Zeit vergeht
und die Zeit vergeht auch
das ist so sicher wie der Tod
ganz gleich, ob etwas geschieht oder nicht
und bislang ist ja auch noch überhaupt nichts geschehen
nichts hat sich ereignet
nichts hat stattgefunden
nichts ist passiert
das heißt: alles ist wie immer