Thilo Bachmann

Overload #30

Wahnsinn oder nicht

Eines Morgens blieb die Zeit einfach stehen. oder kam es mir nur so vor? Ich saß am Frühstückstisch und begann zu schwitzen, obwohl die Zimmertemperatur kaum über 13 Grad war. Ein ähnliches Gefühl hatte ich vor einem Jahr schon einmal; es war während eines Spazierganges in der Lobau gewesen. Das andere Mal befiel mich dieses Gefühl während eines Urlaubes am Fuschlsee vor zwei Jahren mit meiner Freundin Susanne Ussel; ich schwamm im See alleine, hatte plötzlich ein ungutes Gefühl der Machtlosigkeit des Menschen; ich dachte, wenn jetzt die Welt unterginge, wäre das für viele Menschen sehr schlecht, am übelsten aber für mich. Für einige wäre es vielleicht sogar vorteilhaft.

Was heißt Weltuntergang? Wenn ich jetzt sterben müßte, hätte ich das Gefühl der Unausgefülltheit und großer Versäumnis nicht vollbrachter Leistungen. Damals wurde mir im Wasser fast schwindelig, und ich hatte Mühe an Land zu kommen.

Ein Jahr später in der Lobau lief es mir heiß und kalt den Rücken herunter, als mich wieder dieses sonderbare Gefühl beschlich. Ich wusste nicht woher es kam; ich konnte es nicht verscheuchen. Ich liebte das Leben trotz seiner Ärgernisse.

Ich erhob mich langsam vom Frühstückstisch, sah auf die Wanduhr; sie war stehen geblieben.

Es war schon sehr licht draußen. Wie spät mochte es sein? Meine Armbanduhr ging zwei Stunden zurück. Ich machte einen Blick auf sie. Kein Ticken war zu hören.

Zu dumm, wenn ich nicht solche Kopfschmerzen hätte; ich ließ mich auf die Couch fallen, legte mich auf den Rücken und schlummerte ein und träumte, ich schwämme alleine im Fuschlsee weit vom Ufer entfernt, bekomme einen Krampf im rechten Bein; eine größere Welle überrollt mich; ich drohe zu versinken; das eine Bein wird immer schwerer; ich will schreien, bringe aber keinen Ton heraus; das Bein zieht mich unweigerlich in die Tiefe; es ist aus mit mir. Ich war aufgewacht, schnappte nach Luft; mich fror. Wie lange hatte ich geschlafen? Warum brauchen wir eigentlich so unbedingt das Zeitgefühl, welches das Tier nicht besitzt? Ich hatte keine Ahnung, ob es Mittag war oder später; ich dachte, wenn ich im Wald leben würde, bräuchte ich keine Uhr.

Ich begann wieder an die Unbeständigkeit der Menschen zu denken. Der Kreis hatte sich wieder geschlossen bzw. meine Gedanken kreisten in weite Fernen; stoßweise kehrten sie wieder zurück.

Ich verzog verächtlich die Lippen, denn der Kleinmut der Menschen, ihr Neid und ihr Unvermögen für sie unerklärliche Verhaltungsweisen und Tatbestände richtig zu deuten. So waren sie leider schon immer das wird sich nicht ändern, selbstzerstörerisch und jederzeit bereit dem anderen die Schuld seiner eigenen Unzulänglichkeit zu geben. Aber was solls.

Aber es gibt auch lichte Seiten des Lebens, daran dachte ich ebenfalls in diesem Augenblick.

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